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Berliner ZeitungWirtschaftEnergiewende
31.01.2012
Strom-Börse und Ökostrom
Nutzloser Geldregen

Von Jakob Schlandt

 
Mit grünem Strom lässt sich in Deutschland gut Geld verdienen.
Foto: dapd/Theo Heimann
 
 
 
 
 
 
Die Vermarktung von Öko-Strom an der Börse bringt nichts – außer Kosten für Verbraucher: Die Marktprämie steuert die Anlagen nicht so, dass Stromnetze entlastet werden. Fast alle Windräder können den Bonus kassieren.
Durch eine völlig falsche Einschätzung des Energiemarkts schenkt die Bundesregierung den Betreibern von Öko-Kraftwerken dieses Jahr Hunderte Millionen Euro – und die Kosten müssen die Stromverbraucher tragen. Zum Jahreswechsel hatte die Bundesregierung die sogenannte Marktprämie für erneuerbare Energien eingeführt. Dadurch sollen Grünstromkraftwerke an die Strombörse gedrängt werden. Doch das Instrument erweist sich als teuer und völlig nutzlos.
Mitnahmeeffekt
Worum geht es genau? Die Betreiber der Anlagen, hauptsächlich von Windrädern, können sich nun jeden Monat entscheiden, ob sie ihren Strom wie gewohnt für einen Festpreis ins Netz einspeisen. Die Vergütungshöhe regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz, und bezahlt wird der Strom dann über eine Umlage von den Verbrauchern. Oder, das ist neu, sie können den Strom selbst an die Börse bringen, wo sie in der Regel weniger Geld bekommen. Die Differenz zum EEG-Satz wird ihnen allerdings ausgeglichen – und obendrauf gibt es noch eine sogenannte Marktprämie.
Sie beträgt zum Beispiel für Windstrom dieses Jahr 1,2 Cent, nächstes Jahr ist es etwas weniger. Ein happiger Aufschlag, denn für Windräder gibt es laut EEG etwa acht Cent pro Kilowattstunde. Das Problem an der Sache ist allerdings, dass die Prämie so gut wie keine Steuerungswirkung hat. Die Windmüller können den Wind nicht an- oder abstellen – sie produzieren immer dann, wenn das Wetter es erlaubt, ganz unabhängig vom Börsenpreis. Genauso verhält es sich bei Solaranlagen. Die Marktprämie entpuppt sich deshalb in der Realität als ideologische Luftnummer, die lediglich eine Scheinintegration der Erneuerbaren in den Energiemarkt vorspielt. Der Preis dafür ist allerdings hoch. Auf die Marktprämie hat ein regelrechter Ansturm eingesetzt.
Nach den neusten Zahlen der Stromnetzbetreiber wurden bereits für diesen Februar Prämien für Anlagen mit einer Leistung von 17.000 Megawatt beantragt – das ist rund die Hälfte der deutschen Windräder. Zum Start im Januar waren es 13.500 Megawatt. In der Branche wird erwartet, dass bald fast alle Windräder die Marktprämie in Anspruch nehmen und den Bonus kassieren. Der Stromvermarkter Statkraft zum Beispiel lockt die Betreiber von Windrädern derzeit mit Werbe-Anzeigen. Darin heißt es über die Direktvermarktung, an der Statkraft kräftig mitverdient: „Sichern Sie sich Erträge über dem EEG-Niveau – ganz ohne Risiko.“
Mehr Geld ohne Risiko für die Stromwirtschaft – für die Stromverbraucher bedeutet das enorme Zusatzkosten. Das räumt selbst die Bundesregierung ein. Auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell hieß es vergangene Woche, die erwarteten Mehrkosten von 200 Millionen Euro pro Jahr könnten überschritten werden. Der hohe Zuspruch bereits im Januar lasse erwarten, dass die „tatsächlichen Mehrkosten im Vergleich zu den ursprünglich prognostizierten Werten ansteigen“.
Wie hoch das genau sein wird, ist noch unklar. Doch der Energiekonzern RWE schätzt den Effekt auf 500 Millionen Euro pro Jahr. Angesichts des massiven Zustroms, der sich abzeichnet, ist es nach Ansicht von Hans-Josef Fell jedoch möglich, dass es mehr wird. „Wir gehen davon aus, dass die völlig unnütze Marktprämie sogar noch höhere Kosten verursachen könnte“, sagte er der Berliner Zeitung. „Die als Placebo für die Neoliberalen gedachte Marktprämie wird zum Desaster für die Stromkunden, die sie letztlich bezahlen müssen.“
Steuert die Marktprämie die Anlagen denn wenigstens so, dass die Stromnetze entlastet werden? Auch davon ist nichts zu spüren. In einer RWE-Präsentation, die dieser Zeitung vorliegt, heißt es: „Die Marktintegration der Erneuerbaren wird verfehlt“. Trotz der Marktprämie träten negative Spotpreise an der Strombörse auf, die nur bei einem massiven Überangebot entstehen. Das RWE-Fazit: „Keine Integrationswirkung erkennbar.“ Für die Verfechter der Marktprämie und das für die Ausgestaltung verantwortliche Bundesumweltministerium heißt das: Note Sechs, setzen. Immerhin: In der Antwort an Fell schreibt das Umweltministerium, die Marktprämie zu beobachten und gegebenenfalls nachzujustieren.
Es ist ein Debakel mit Ansage. Selbst die Profiteure der Marktprämie hatten gewarnt, sie werde zu Mitnahmeeffekten führen. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), hinter dem viele Öko-Kraftwerksbetreiber stehen, schrieb schon im Juni, die Marktprämie verursache nur Mehrkosten in Millionenhöhe und gehe in die falsche Richtung. Doch die Regierung blieb stur.
 
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